Beiträge von Bierbar Süd

    Das Abrutschen der Massen ins Völkische scheint mir Naturgesetz, die Zeitläufte sind rutschig überdies; ich mag die Ultras immer weniger gern näher betrachten. Dennoch, gerade der Fußball befördert Klasseninstinkt, wo der Widerspruch knackig ist wie sonst nirgends - quasi als Selbstläufer: Noch der Dümmste spürt im Rückenmark, dass er wieder einmal enteignet worden ist. Der Sport als gemeinschaftliches Erlebnis wurde in Rechtetitel zerstückelt und privaten Geschäftsinteressen zur Verwertung überlassen. Die armen Schweine kratzen ihre letzte Kohle für einen Stadionbesuch zusammen, während die Maschine Milliarden nach oben durchmangelt. Das erzeugt Unmut. Das wiederum erzeugt Paranoia bei denen, die sich aufgrund dieses fantastischen Erfolgs (zurecht) verfolgt fühlen und sie hauen den idealen Gesamtkapitalisten, den Staat, an, jeden Widerstand im Keim zu ersticken. Durch: Personalisierte Eintrittskarten, KI-gestützte Gesichtserkennung, eine Stadionverbotszentrale, Stadionverbote auf Verdacht. Dabei passiert rein gar nichts, was hinsichtlich gesundheitlicher Aspekte der Erwähnung wert wäre:

    Zitat von junge Welt 17.11.25

    In der Saison 2024/25 kamen 25,3 Millionen Menschen in die Stadien der obersten drei Ligen Deutschlands, mehr als je zuvor. Die Gesamtzahl der Verletzten ist derweil um 17,2 Prozent gesunken und lag bei 1.107 Menschen, darunter 95 durch Pyrotechnik und 111 durch polizeiliche Reizstoffe. Polizeikräfte verbuchten 2,6 Millionen Arbeitsstunden – ein Rückgang um 8,8 Prozent im Vergleich zur Vorsaison, bezogen auf alle Wettbewerbe.

    Dass die Fanszenen sich, wie gestern, in Leipzig zusammentun und dagegen aufbegehren, versöhnt mich wieder einmal mit dem Volk und zeigt sehr wohl, dass man dasselbe nicht ewig treten kann (aber warum denn immer Leipzig, hat man nicht gelernt, dass das Volk hier nichts auf der Straße zu suchen hat?). Die Polizei zählte wie immer weniger (8.000) Teilnehmer als der Veranstalter (20.000).

    Und wenn diese Ultras das Vereinsleben bestimmen, weil sie das opfern, was am meisten wert ist, nämlich eigene Zeit, dann weiß ich mich gut aufgehoben. Die, die rumheulen, dass ihre Zeit bereits woanders in der Pflicht steht, tja, die sollen eben woanders oder am Arsch darüber nachdenken, was Pflicht ist und was Herz.

    Uli Hoeneß kommt mal wieder die Wurst, weil er erfahren musste, dass andere eine größere Wurst haben als er:

    Zitat

    "Ich kann nur sagen, ich war fassungslos, was in den letzten sechs bis acht Wochen im internationalen Fußball passiert ist"

    Davor war noch alles in Ordnung, was ist passiert? Bayern München zählt jetzt zu den Verlierern. Und was tut man? Man schlägt sich auf die Seite der Underdogs:

    Zitat

    "Ich finde es völlig verrückt, was da abgeht. Wenn wir nicht aufpassen, werden die Leute irgendwann fragen: 'Sind die eigentlich noch bei Verstand?' Ich arbeite für 2000 bis 3000 Euro netto im Monat, und gleichzeitig werden für mittelklassige Spieler 30, 40, 50 Millionen ausgegeben."

    Die gute alte Zeit, scheint kaum zehn Wochen her. Wahnsinn, dass man heute keinen Kane mehr für 95 Mio. kriegt. Ich könnte verrückt darüber werden. Aber keine Angst Uli, niemand sonst mehr ist bei Verstand. Jeder Mensch tritt nach unten, wenn er erfährt, dass es eine handvoll Menschen gibt, die sich den Planeten teilen. Du gehörst nicht dazu.

    Zitat

    "Wir Deutschen müssen wieder eine Führungsrolle übernehmen. Wir müssen unseren eigenen Weg gehen, Stärke zeigen und uns nicht vom Geld der Araber, amerikanischer Hedgefonds oder Oligarchen abhängig machen"

    Welch traumhafte Zeiten werden wieder anbrechen, wenn der Deutsche sich gegen die geheime Weltverschwörung in Marsch setzt. Kein stinkendes Geld mehr, nur noch Duftnoten. Es geht um die Zukunft:

    Zitat

    "junge Leute aufzubauen und so zu helfen, dass wir dieses Geld nie annehmen müssen."

    Deutsche Nutten für deutsche Freier. Denn wir müssen wieder dahin kommen, dass alle nach Ulis Wurst springen. Einmal Wirtzfleisch bitte.

    30.03.96, Schacht - Dynamo 1:2, die letzten 30 Minuten in zweifacher Unterzahl (in einfacher Unterzahl gelang noch der Führungstreffer); Trainer Schacht: Ralf Minge; Trainer Dynamo: Kreische (sehr nett die Einblendung "Hans-Jörg Kreische").

    Danach im Zug zurück über Chemnitz, im Abteil drei schmale Jungs gezwängt zwischen zentnerschwere Hools; kurz vor Chemnitz schnappte die Notbremse, wo das erlebnisorientierte Publikum aus der Nischelstadt zur Verabredung erschienen war. Das Abteil leerte sich, 10 Minuten später kehrten die Hools schnaufend und (einige) mit blutigen Nasen zurück. Der Zug durfte weiterfahren.

    Der Witz selbst kennt keine Grenzen, bis zu dem Punkt, wo der Schutz der Person stärker gewichtet werden sollte als das Recht der freien Meinungsäußerung. Das entscheide ein Gericht.

    Witze, die abzielen, andere Gruppen zu erniedrigen oder zu beleidigen, sind nur schlechte Witze.

    Über schlechte Witze, wie den über die Brücke, regt man sich nicht auf.

    Jeder hat schon einen schlechten Witz gemacht. Man muss halt wissen, wen man sich zum Publikum macht.

    Die Strafe für öffentliche Witze über Todesopfer würde ich den dummen Witzbold gern treffen sehen.

    Rotten, es geht nicht darum, dass ein Witz gut sein muss, um der Satire zu entsprechen, es geht darum, dass der Witz auch Tragisches als Rollenspiel aufbereiten dürfen muss, bevor wir am Ernst der Welt zugrunde gehen. Wie heimatbesoffen muss man sein, um sich mit einer Dresdner Brücke zu identifizieren?

    Der Staat gehört sich ja nicht selbst, sondern ist jenes gewaltige Mittel, mithilfe dem das Privateigentum die Beute reißt. Guckstu Stamokap (oder Fargo: Staffel 3). Man schenkt sich’s selbst. Ökonomie hat immer einen Gewaltcharakter.